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Abgabenordnung

Verantwortlichkeit eines „nominellen“ Geschäftsführers für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der GmbH

Die Verantwortlichkeit eines Geschäftsführers für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der GmbH ergibt sich allein aus der nominellen Bestellung zum Geschäftsführer. Dies sei auch dann der Fall, wenn der Geschäftsführer nur als Strohmann fungiere, so das
Finanzgericht Münster.

Gemäß § 69 Satz 1 AO haften die in den §§ 34 und 35 AO bezeichneten Personen, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis in Folge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. Zu den potenziellen Haftungsschuldnern gehören u. a. die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen. Gesetzlicher Vertreter einer GmbH ist deren Geschäftsführer. Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 AO haben die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen deren steuerliche Pflichten zu erfüllen.

Die Klägerin war als (einzige) nominelle Geschäftsführerin und spätere Liquidatorin der GmbH deren gesetzliche Vertreterin, und zwar von der Gründung der Gesellschaft im Jahr 2007 bis in das Jahr 2017. Inwieweit die Klägerin diese Aufgabe tatsächlich erfüllt habe, sei tatbestandlich ebenso ohne Bedeutung wie der Umstand, dass ihr Ehemann tatsächlich die Geschäfte der GmbH geführt habe. Da es den Eheleuten gerade auf die Bestellung der Klägerin als Geschäftsführerin ankam, liege auch nicht etwa ein Scheingeschäft vor. Dass die Klägerin in der GmbH nicht tatsächlich die Geschäfte führte, sondern nur als Strohfrau fungierte, ändere an der objektiv vorliegenden Pflichtverletzung nichts.

Anpassung von Zinsfestsetzungen für Steuernachzahlungen und -erstattungen

Das Bundesverfassungsgericht hatte mit Beschluss vom 08.07.2021 die Verfassungswidrigkeit des bundesgesetzlichen Zinssatzes von jährlich 6 % für Steuernachzahlungen und -erstattungen festgestellt. Der Bundesgesetzgeber hat daraufhin eine verfassungsgemäße Neuregelung der Verzinsung, rückwirkend ab 01.01.2019, mit nunmehr 1,8 % pro Jahr beschlossen.

Im November 2022 werden nun die bayerischen Finanzämter aufgrund dieser Gesetzesänderung von Amts wegen rund zwei Millionen geänderte Zins-bescheide in allen offenen Fällen an die betroffenen Bürger übermitteln. Hierfür ist somit kein Antrag erforderlich.

Haben Steuerbürger bereits einen Bescheid mit einer Steuererstattung und einer Zinsfestsetzung unter Anwendung der ursprünglichen 6 % jährlichem Zins erhalten, besteht insoweit in der Regel ein Vertrauensschutz und es ist keine teilweise Rückzahlung des Zinses notwendig. Nur wenn der Zins bislang noch nicht festgesetzt wurde, erfolgt dies nun mit dem neuen Zinssatz von 1,8 %.

Kein Verspätungszuschlag bei überwiegendem Mitverschulden des Finanzamts

Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags ist bei überwiegendem Mitverschulden des Finanzamts nicht rechtmäßig. So entschied das Finanzgericht Düsseldorf.

Ein relevantes Mitverschulden des Finanzamts liege im entschiedenen Fall vor. Diesem habe es sich geradezu aufdrängen müssen, dass die Klägerin aufgrund eines Irrtums über die materielle Rechtslage ihre Erklärungspflichten verletzt und das Finanzamt seinerseits seine Fürsorgepflichten verletzt habe. Denn aus den von der Klägerin freimütig gemachten Angaben in den Feststellungserklärungen, ihren Erläuterungen hierzu und etwa den eingereichten Werbungskostenbelegen hätte jeder zuständige Bearbeiter unschwer darauf schließen können, dass die Abgabe von Umsatzsteuererklärungen lediglich versehentlich unterblieben war.

Zur Abgabe von Umsatzsteuererklärungen habe das Finanzamt jedoch entgegen den normierten Besteuerungsgrundsätzen und dem Grundsatz eines fairen Verfahrens die Klägerin nie aufgefordert. Demnach habe es das Finanzamt schuldhaft unterlassen, die Klägerin durch frühzeitigen Hinweis zur Erfüllung ihrer Erklärungspflichten zu veranlassen.

Einreichung einer Steuererklärung kurz vor Ablauf der Festsetzungsfrist - Verjährung kann drohen!

Für die Wahrung der Festsetzungsfrist ist derjenige Zeitpunkt maßgeblich, in dem der Steuerbescheid den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat. Auf den Zeitpunkt, in dem eine Steuererklärung bei der Finanzbehörde eingereicht wurde, kommt es nicht an. Das entschied der Bundesfinanzhof.

Die Abgabe einer gesetzlich vorgeschriebenen Steuer- oder Feststellungserklärung sei nicht als Antrag anzusehen. Eine Ablaufhemmung trete nicht ein, wenn der Erlass eines (begünstigenden) Steuerbescheids erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist abgelehnt und dieser Ablehnungsbescheid angefochten werde.

Bei einer Antragsveranlagung sei die Anlaufhemmung nicht anwendbar, sodass die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist, beginne. Nach den Grundsätzen von Treu und Glauben könne nicht erwartet werden, dass der Steuerbescheid noch innerhalb der Festsetzungsfrist den Bereich der Finanzbehörde verlasse, wenn die Steuererklärung erst einen Tag vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Finanzamt eingereicht werde.

Keine Berichtigung des Einkommensteuerbescheids bei fehlender Erfassung der ordnungsgemäß erklärten Einkünfte

Ein Steuerpflichtiger erklärte seinem Finanzamt ordnungsgemäß u. a. Einkünfte in Höhe von 128.641 Euro aus selbständiger Arbeit. Beim Einscannen der Unterlagen im Veranlagungsbezirk des Finanzamts wurde die Anlage S zur Einkommensteuererklärung versehentlich übersehen, sodass eine Erfassung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit des Klägers unterblieb. Nach maschineller Überprüfung der eingescannten Daten durch ein Risikomanagementsystem gingen im Veranlagungsbezirk mehrere Prüf- und Risikohinweise ein, die u. a. auf Einkünfte „des Ehemanns/der Ehefrau von weniger als 4.200 Euro" hinwiesen und eine „personelle Prüfung" des als „risikobehaftet" eingestuften Falls vorsahen. Die Prüf- und Risikohinweise wurden von der zuständigen Sachbearbeiterin bearbeitet. Sie überprüfte aber nicht, ob die Einkünfte aus selbständiger Arbeit zutreffend im Einkommensteuerbescheid übernommen worden waren. Im Folgejahr wurde der Fehler erkannt und der Einkommensteuerbescheid berichtigt. Das Finanzgericht vertrat die Auffassung, dass das Finanzamt zur Berichtigung des Einkommensteuerbescheids berechtigt gewesen sei.

Der Bundesfinanzhof gab dem Steuerpflichtigen Recht. Laut der Abgabenordnung sei nur die Berichtigung von Schreibfehlern, Rechenfehlern und ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten (sog. mechanische Versehen) erlaubt, die beim Erlass des Einkommensteuerbescheids unterlaufen sind. Im vorliegenden Fall beruhe der fehlerhafte Einkommensteuerbescheid aber darauf, dass die zutreffende Höhe der im Bescheid angesetzten Einkünfte nicht aufgeklärt wurde, obwohl aufgrund der Risiko- und Prüfhinweise Zweifel an der Richtigkeit dieser Einkünfte bestanden hätten und deshalb eine weitere Sachaufklärung geboten gewesen wäre. Das schließe das Vorliegen eines bloß mechanischen Versehens und damit die Anwendung der Berichtigungsnorm aus.

Datenschutzgrundverordnung begründet keinen Anspruch auf Akteneinsicht auf dem Gebiet der Einkommensteuer

In diesem Fall war das Bestehen eines Anspruchs auf Akteneinsicht der Kläger nach den Vorschriften der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) streitig. Die Kläger begehrten unter Hinweis auf das Auskunftsrecht betroffener Personen nach der DSGVO die Einsicht in ihre Einkommensteuerakte bei ihrem Finanzamt. Der Antrag wurde abgelehnt.

Das Finanzgericht Niedersachsen wies die Klage ab. Es bestehe für die Kläger kein Anspruch auf Akteneinsicht, denn der sachliche Anwendungsbereich der Vorschriften der DSGVO erstrecke sich nicht auf das Gebiet der Einkommensteuer. Die Vorschriften der DSGVO seien im Bereich des Steuerrechts nur auf harmonisierte Steuern, wie etwa die der Umsatzbesteuerung, anwendbar - nicht dagegen auf dem Gebiet der Einkommensbesteuerung natürlicher Personen. Des Weiteren sei es nicht zulässig, den sachlichen Anwendungsbereich der DSGVO durch ein Schreiben der Finanzverwaltung zu erweitern (die Kläger hatten sich auch auf das Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 12.01.2018 berufen). Die Finanzverwaltung dürfe von gesetzlichen Bestimmungen nicht abweichen.

Gravierende Mängel bei der Kassenführung führen zu Hinzuschätzungen des Finanzamts

Der Betreiber eines Sushi-Restaurants, der die meisten Einnahmen in bar erzielte, setzte eine elektronische Registrierkasse älteren Baujahres ein. Fiskaljournal daten konnte die Kasse nicht speichern und in der Kasse zunächst gespeicherte Daten wurden aufgrund begrenzter Speichermöglichkeiten überschrieben. Die ausgedruckten Tagesendsummenbons (Z-Bons) wurden am Ende des Geschäftstages aufbewahrt, aber die von der Kasse ausgedruckten Warengruppenberichte wurden vernichtet. Für unbare Kreditkarten- und EC-Karten-Umsätze gab es ein entsprechendes Kartenlesegerät. Im Kassensystem fand aber keine Trennung der baren von den unbaren Einnahmen statt, weshalb sämtliche Einnahmen als Bareinnahmen ausgewiesen wurden. Die Tageseinnahmen wurden in einem Kassenbuch erfasst, das mit Hilfe eines Tabellenkalkulationsprogramms erstellt wurde. Eine Außenprüfung ergab, dass die eingesetzte Kasse Aufzeichnungsmängel aufweist, weil die erfassten Tageseinnahmen täglich gelöscht würden, bis auf das Benutzerhandbuch weder Organisationsunterlagen noch die Verfahrensdokumentation zur elektronischen Registrierkasse vorgelegt werden konnten und bar und unbar vereinnahmte Einnahmen jeweils nicht gesondert festgehalten würden. Es wurden daher Hinzuschätzungen vorgenommen und der Fall ging vor Gericht.

Doch das Finanzgericht Münster stellte klar, dass eine Schätzungsbefugnis gegeben ist, weil die Buchführung der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden kann und auch die Höhe der vom Finanzamt vorgenommenen Hinzuschätzungen im Ergebnis nicht zu beanstanden ist. Es liege ein gravierender formeller Mangel bereits darin, dass der Betreiber des Sushi-Restaurants seine Aufzeichnungen mittels eines Tabellenkalkulationsprogrammes (hier Standardsoftware: Numbers für Mac) geführt hat. Des Weiteren sei die sog. Kassensturzfähigkeit im Betrieb des Sushi-Restaurants nicht gewährleistet.

Ab Juni 2020 keine Zahlungserinnerungen für Steuervorauszahlungen

Das Landesamt für Steuern Rheinland-Pfalz teilt mit, dass die Finanzämter ab Juni 2020 keine Zahlungserinnerungen für Steuervorauszahlungen mehr verschicken und daher die Teilnahme am Lastschrifteinzugsverfahren empfohlen wird.

Bisher wurden Bürger und Unternehmen, die Vorauszahlungen auf ihre Einkommen- und Körperschaftsteuer leisten müssen, quartalsweise an die fälligen Zahlungen erinnert. Durch die Einstellung des Versandes dieser Zahlungserinnerungen für Steuervorauszahlungen spart das Land Rheinland-Pfalz jährlich rund 220.000 Euro an Porto- und Papierkosten.

 

Prüfungsschwerpunkte der Finanzämter

Die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen hat Hinweise gegeben, welche Prüfungsschwerpunkte ihre Finanzämter für den Veranlagungszeitraum 2020 haben. U. a. wird die Einkünfteerzielungsabsicht bei „Liebhaberei“ besonders geprüft. Auch in anderen Bundesländern wird in vielen Bereichen besonders auf exakte Angaben Wert gelegt und geprüft.

  • Prüfungsschwerpunkte bei den Steuererklärungen von Arbeitnehmern sind u. a. beim Bereich Werbungskosten: doppelte Haushaltsführung, Auswärtstätigkeit. Im Bereich Sonderausgaben: Beiträge an berufsständische Versorgungseinrichtungen. Im Bereich Pflege: Kosten der Heimunterbringung, doppelte Haushaltsführung und erstmalige Unterstützungsleistungen.

  • Prüfungsschwerpunkte bei den Steuererklärungen von Immobilien-Eigentümern sind z. B. erstmalige Vermietung einer Ferienwohnung und Photovoltaikanlage bei erstmaliger Geltendmachung sowie erstmalige Verpachtung.

  • Prüfungsschwerpunkte bei den Steuererklärungen von Kapitalanlegern sind u. a. Kirchensteuer auf Abgeltungsteuer als Sonderausgaben, Darlehensbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaft und Gesellschafter. In diesem Bereich werden besonders viele Finanzämter die Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften prüfen.

Folgende Unterlagen können im Jahr 2020 vernichtet werden

Nachstehend aufgeführte Buchführungsunterlagen können nach dem 31. Dezember 2019 vernichtet werden:

·         Aufzeichnungen aus 2009 und früher,

·         Inventare, die bis zum 31. Dezember 2009 aufgestellt worden sind,

·         Bücher, in denen die letzte Eintragung im Jahr 2009 oder früher erfolgt ist,

·         Jahresabschlüsse, Lageberichte und Eröffnungsbilanzen, die 2009 oder früher aufgestellt worden sind,

·         Buchungsbelege aus dem Jahr 2009 oder früher,

·         empfangene Handels- oder Geschäftsbriefe und Kopien der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe, die 2013 oder früher empfangen bzw. abgesandt wurden,

·         sonstige für die Besteuerung bedeutsame Unterlagen aus dem Jahr 2013 oder früher.

Dabei sind die Fristen für die Steuerfestsetzungen zu beachten. Es wird davon ausgegangen, dass die letzten Aufzeichnungen für das jeweilige Jahr im Folgejahr erfolgten. Wurden sie später vorgenommen, sind die Unterlagen entsprechend länger aufzubewahren.

Unterlagen dürfen nicht vernichtet werden, wenn sie von Bedeutung sind

 ·         für eine begonnene Außenprüfung,

·         für anhängige steuerstraf- oder bußgeldrechtliche Ermittlungen,

·         für ein schwebendes oder aufgrund einer Außenprüfung zu erwartendes Rechtsbehelfsverfahren oder zur Begründung der Anträge an das Finanzamt und

·         bei vorläufigen Steuerfestsetzungen.

 Es ist darauf zu achten, dass auch die elektronisch erstellten Daten für zehn Jahre vorgehalten werden müssen.

Natürliche Personen, deren Summe der positiven Einkünfte aus Überschusseinkünften (aus nichtselbständiger Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung und sonstige Einkünfte) mehr als 500.000 € im Kalenderjahr 2019 betragen hat, müssen die im Zusammenhang stehenden Aufzeichnungen und Unterlagen sechs Jahre aufbewahren. Bei Zusammenveranlagung sind die Feststellungen für jeden Ehegatten gesondert maßgebend. Die Verpflichtung entfällt erst mit Ablauf des fünften aufeinanderfolgenden Kalenderjahrs, in dem die Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

Aktualisierte Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form

Das Bundesfinanzministerium hat am 28. November 2019 aktualisierte Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) veröffentlicht. Diese treten mit Wirkung vom 1. Januar 2020 in Kraft. Eine frühere freiwillige Anwendung der neuen Grundsätze ist möglich.

 

Die Finanzbehörde hat künftig das Zugriffsrecht auf mit einem DV-System erstellte aufbewahrungspflichtige Unterlagen nicht nur bei steuerlichen Außenprüfungen, sondern in allen gesetzlich geregelten Fällen (z. B. auch Nachschauen).

Zudem ist es künftig im Falle eines Systemwechsels oder der Auslagerung aufzeichnungs- oder aufbewahrungspflichtiger Daten aus dem Produktivsystem ausreichend, wenn nach Ablauf des 5. Kalenderjahres, das auf die Umstellung folgt, nur noch der Z3-Zugriff ermöglicht wird.

 

Neben der generellen Fokussierung auf die Einzelaufzeichnungspflichten und die Zeitnähe von Buchungen sind folgende Aspekte erneut hervorzuheben:

  • Bildliches Erfassen, z. B. durch eine Mobile App, wird künftig einem stationären Scannen bei Einhaltung der erforderlichen Voraussetzungen (insb. Verfahrensdokumentation) gleichgestellt. Das bildliche Erfassen ist grundsätzlich auch im Ausland möglich.

  • Bei sog. identischen Mehrstücken, d. h. Daten, die inhaltsgleich in strukturierter und bildhafter Form vorliegen, ist die Aufbewahrung des Formats mit der höheren maschinellen Auswertbarkeit ausreichend.

  • Bei Konvertierung aufbewahrungspflichtiger Unterlagen in ein Inhouse-Format ist die Vernichtung des Originals zulässig, wenn eine inhaltsgleiche Archivierung erfolgt und die Daten einer maschinellen Auswertbarkeit zugänglich sind.

Zudem ist künftig eine Referenzierung einer ursprünglichen Buchung zu deren Stornobuchung im Buchführungssystem verpflichtend vorzunehmen.

Änderung eines bestandskräftigen Steuerbescheids durch Bescheid der Denkmalschutzbehörde

Eheleute hatten in ihrer Einkommensteuererklärung zu Sonderabschreibungen führende Aufwendungen durch Baumaßnahmen an einem unter Denkmalschutz stehenden Gebäude nicht geltend gemacht. Die Einkommensteuerbescheide wurden bestandskräftig. Bescheinigungen der Denkmalbehörde wurden erst nach Rechtskraft der Einkommensteuerbescheide ausgestellt und dem Finanzamt mit dem Antrag auf Berücksichtigung der sich dadurch ergebenden Sonderabschreibungsbeträge eingereicht. Das Finanzamt lehnte die nachträgliche Änderung der Einkommensteuerbescheide ab.

Dagegen verpflichtete der Bundesfinanzhof das Finanzamt zur Änderung der Bescheide. Nach dem Urteil ist die Bescheinigung der Denkmalbehörde ein Grundlagenbescheid mit Bindungswirkung für den Einkommensteuerbescheid. Er ist deshalb zu ändern.

Anspruch auf Auskunft über die steuerliche Behandlung eines Konkurrenten

Das Steuergeheimnis verbietet den Finanzbehörden, Erkenntnisse, die sie im Besteuerungsverfahren gewinnen, an Dritte weiterzugeben. Es verpflichtet die Amtsträger zur besonderen Verschwiegenheit.

Kommt allerdings ernstlich in Betracht, dass ein Steuerpflichtiger durch die rechtswidrige Besteuerung eines Konkurrenten erhebliche Wettbewerbsnachteile erleidet, kann er trotz des Steuergeheimnisses vom Finanzamt Auskunft über die bei dem Konkurrenten angewandte Besteuerung verlangen.

Das Hessische Finanzgericht verlangte bei einem solchen Auskunftsersuchen die substantiierte und glaubhafte Darstellung der konkret feststellbaren, durch Tatsachen belegte, Wettbewerbsnachteile.

Im Urteilsfall war ein Arzt auf dem Gebiet der Augenlaserbehandlung tätig. Er sah eine GmbH als Konkurrentin an und vermutete, dass diese Augenlaserbehandlungen ebenfalls umsatzsteuerfrei abrechne, obwohl sie dies nicht dürfe. Das Gericht lehnte den Auskunftsanspruch ab, weil der Arzt die Wettbewerbsnachteile nicht ausreichend dargelegt habe. Außerdem sei die Umsatzsteuerbefreiung der ärztlichen Leistungen nicht als drittschützende Norm anzusehen.

Hinweis: Eine drittschützende Norm liegt vor, wenn diese nicht nur dem Allgemeininteresse, sondern auch dem Schutz der Interessen einzelner an dem betreffenden Steuerschuldverhältnis nicht beteiligter Dritter dient.

Ausländische Buchführungspflichten können deutsche steuerliche Buchführungspflicht begründen

Wer nach anderen Gesetzen als den deutschen Steuergesetzen buchführungspflichtig ist, muss diese Pflicht auch für die deutsche Besteuerung erfüllen. Das gilt selbst dann, wenn sich die Buchführungspflicht nach ausländischem Recht ergibt.

Eine Aktiengesellschaft (AG) war nach liechtensteinischem Recht buchführungspflichtig. Sie besaß im Inland eine vermietete Immobilie und war insoweit in Deutschland beschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Das Finanzamt erließ gegen die AG einen Bescheid über den Beginn der Buchführungspflicht für den Gewerbebetrieb „Vermietung und Verwaltung von Grundbesitz“.

Der Bundesfinanzhof entschied, dass dieser Bescheid rechtmäßig war. Er schloss sich damit der (nicht unumstrittenen) Rechtsauffassung an, dass auch ausländische Rechtsnormen zur Buchführung im inländischen Besteuerungsverfahren verpflichten können.

Erlass von Säumniszuschlägen im Billigkeitsverfahren

Säumniszuschläge wegen verspäteter Zahlung von Steuern können erlassen werden, wenn deren Einziehung nach Lage des Einzelfalls aus persönlichen oder sachlichen Gründen unbillig wäre.

In einem vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall hatte ein Verein gegen Steuerbescheide mit erheblichen Nachforderungen Einspruch eingelegt und die Aussetzung der Vollziehung beantragt. Das Finanzamt lehnte den Aussetzungsantrag ab. Den hiergegen eingelegten Einspruch begründete der Verein nicht und zahlte auch nicht die fälligen Steuern, sodass Säumniszuschläge anfielen.

Aufgrund eines späteren Finanzgerichtsurteils mussten die angeforderten Steuern nicht bezahlt werden. Der Verein beantragte deswegen den Erlass der angefallenen Säumniszuschläge. Der Bundesfinanzhof wies diesen Antrag zurück, weil der Verein nicht alles getan hatte, um die Aussetzung der Vollziehung durchzusetzen. Er bemängelte insbesondere, dass der Verein den Einspruch gegen die Ablehnung des Aussetzungsantrags nicht begründet und deswegen nicht ernsthaft betrieben hatte.

Schätzungsbefugnis bei fehlenden Programmierprotokollen eines bargeldintensiven Betriebs mit modernem PC-Kassensystem

Die einzelne Aufzeichnung eines jeden Barumsatzes kann nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs unzumutbar sein. Wird jedoch ein modernes PC-Kassensystem eingesetzt, das sämtliche Kassenvorgänge einzeln und detailliert aufzeichnet, ist eine Berufung auf die Unzumutbarkeit der Aufzeichnungsverpflichtung nicht (mehr) möglich.

Fehlen Programmierprotokolle für ein solches elektronisches Kassensystem, berechtigt dies zu einer Hinzuschätzung von Umsätzen, wenn eine Manipulation der Kassen nicht ausgeschlossen werden kann. Ein weiteres Indiz für eine nicht ordnungsgemäße Kassenführung ist z. B. die Existenz diverser Überwachungsvideos in den Betriebsräumen des Unternehmens, wonach Mitarbeiter zahlreiche Bezahlvorgänge nicht im Kassensystem erfasst hatten. Unter diesen Voraussetzungen besteht ausreichend Anlass, die sachliche Richtigkeit der Buchführung zu beanstanden. Eine Hinzuschätzung von Umsatz und Gewinn auf der Grundlage einer Nachkalkulation ist insoweit zulässig.

(Quelle: Beschluss des Finanzgerichts Hamburg)

Berücksichtigung von Verlusten nur bei Ansatz im Körperschaftsteuer- bzw. Gewerbesteuermessbescheid

Erzielt eine Kapitalgesellschaft einen Verlust, werden die Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuermessbetrag im Regelfall auf 0 € festgesetzt. Zusätzlich ergehen Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer und über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts.

Stellt sich heraus, dass die Höhe des Verlusts falsch ist, müssen der Körperschaftsteuer- bzw. Gewerbesteuermessbescheid angefochten werden, obgleich es sich um sog. Nullbescheide handelt. Allein die Anfechtung der Verlustfeststellungsbescheide reicht nicht aus. Die Einkünfte sind im Feststellungsverfahren des verbleibenden Verlustvortrags nicht eigenständig zu ermitteln. Vielmehr sind die Besteuerungsgrundlagen im Feststellungsverfahren so zu berücksichtigen, wie sie der letzten bestandskräftigen Festsetzung im Körperschaftsteuer- bzw. Gewerbesteuermessbescheid zugrunde liegen. Damit ist die Berücksichtigung des Verlusts im Körperschaftsteuer- bzw. Gewerbesteuermessbescheid maßgeblich für eine mögliche Änderung der Verlustfeststellungsbescheide.

 (Quelle: Urteil des Bundesfinanzhofs)

Nachzahlungszinsen könnten ab 2015 verfassungswidrig hoch sein

Ein Ehepaar musste im Jahr 2017 nach einer Außenprüfung Einkommensteuer nachzahlen. Gleichzeitig setzte das Finanzamt für den Zeitraum April 2015 bis November 2017 Nachzahlungszinsen von etwa 240.000 € fest. Das Ehepaar legte gegen die Zinsfestsetzung Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung.

Der Bundesfinanzhof gab dem Aussetzungsantrag statt. Bei summarischer Prüfung hatte er für Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2015 schwerwiegende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Zinsregelung. Danach betragen die Zinsen für jeden Monat ein Halb Prozent einer nachzuzahlenden oder zu erstattenden Steuer.

Hinweis: Zur Frage, ob der gesetzliche Zinssatz für Veranlagungszeiträume ab 2010 bzw. ab 2012 verfassungsgemäß ist, liegen dem Bundesverfassungsgericht bereits Verfassungsbeschwerden vor. Über diese wird voraussichtlich noch im Jahr 2018 entschieden werden.

Zulässigkeit einer Umsatz- und Gewinnschätzung auf der Grundlage von Z Bons aus Jahren nach dem Betriebsprüfungszeitraum

Im Rahmen einer Betriebsprüfung waren prüfungsrelevante Unterlagen nicht vorgelegt und Auskünfte nicht erteilt worden. Mangels anderer Schätzungsmöglichkeiten griff das Finanzamt auf zwei Z‑Bons zurück, die im Rahmen einer zur gleichen Zeit stattfindenden Durchsuchung der Steuerfahndung im Müll des geprüften Unternehmens gefunden wurden. Die aufgefundenen Z‑Bons stammten aus einem dem Prüfungszeitraum um zwei Jahre nachfolgenden Jahr.

Das Finanzgericht Düsseldorf schloss sich der vom Finanzamt gewählten Schätzungsmethode an. Demnach sei eine Schätzung der in den Streitjahren erzielten Verkaufserlöse anhand der durchschnittlichen Tageserlöse, abgeleitet aus den vorgefundenen Z‑Bons, sachgerecht.

Der Bundesfinanzhof muss abschließend entscheiden.

Anforderungen an die Aufzeichnungen bei Einnahmenüberschussrechnung und Verwendung einer offenen Ladenkasse

Die Aufbewahrung von Tagessummen‑Belegen mit Einzelaufzeichnung der Erlöse und Summenbildung kann in Fällen der Einnahmenüberschussrechnung und Verwendung einer offenen Ladenkasse den formellen Anforderungen, die an solche Aufzeichnungen gestellt werden, genügen. Zu diesem Ergebnis kommt der Bundesfinanzhof im Fall eines Gastwirts, der seinen Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelte.

Der Gastwirt hatte seine Einnahmen aus dem laufenden Gaststättenbetrieb je Kassier Vorgang auf einem Zettel notiert. Durch Summenbildung ermittelte er die Tageseinnahmen und schloss die Summe mit seinem Namenszeichen ab. Die Tageseinnahmen‑Zettel waren mit dem jeweiligen Tagesdatum versehen. Nach einer Außenprüfung sah der Prüfer die Kassenführung als nicht ordnungsgemäß an und schätzte Einnahmen hinzu.

Aufgrund der hier im Zuge des gebotenen Eilverfahrens zur Anwendung gelangten Maßstäbe kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Aufzeichnungen des Gastwirts ausreichend sind. Zu einer Einzelaufzeichnung ist der Gastwirt bei summarischer Betrachtung nicht verpflichtet gewesen. In Fällen der Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung ergibt sich auch aus den umsatzsteuerlichen Vorschriften keine Pflicht zur Führung eines Kassenbuchs.

Hinweis: Jüngst hat der Gesetzgeber die Einzelaufzeichnungspflicht nebst Ausnahmeregelung zur Klarstellung gesetzlich festgeschrieben. In Zweifelsfällen sollte daher der steuerliche Berater hinzugezogen werden.