Viewing entries in
Verfahrensrecht

Vorlage von E-Mail-Korrespondenz bzw. eines Gesamtjournals - Befugnisse der Finanzverwaltung

Das Finanzamt forderte von der Klägerin im Rahmen einer Außenprüfung die Vorlage von empfangenen und Wiedergaben von versandten Handelsbriefen nach § 147 Abs. 1 Nr. 2 und 3 Abgabenordnung (AO) sowie sonstiger Unterlagen mit Bedeutung für die Besteuerung nach § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO und für den Fall, dass die angeforderten Unterlagen in elektronischer Form vorlägen, ein Gesamtjournal, in dem alle E-Mails erfasst sein sollten.

Das Finanzgericht Hamburg entschied, dass die Befugnisse aus § 147 Abs. 6 AO der Finanzverwaltung nur in Bezug auf solche Unterlagen zustehen, die der Steuerpflichtige nach § 147 Abs. 1 AO aufzubewahren hat. Handelsbriefe i. S. d. § 147 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AO i. V. m. §§ 257 Abs. 2, 343 HGB sind nicht auf eine bestimmte Form beschränkt, sodass auch E-Mails Handelsbriefe sein können. Schriftstücke betreffen ein Handelsgeschäft, wenn sie seine Vorbereitung, Durchführung oder Rückgängigmachung zum Gegenstand haben. Die im Rahmen eines Vertragsverhältnisses, welches seinerseits als Handelsgeschäft qualifiziert, zu erbringenden Erfüllungsgeschäfte wie die Auskunftserteilung oder Serviceleistungen beträfen die Durchführung dieses Handelsgeschäfts und qualifizierten ebenfalls als Handelsgeschäfte. Wenn derartige Erfüllungsgeschäfte in einem Schriftstück verkörpert sind, unterliegen diese der Aufbewahrungspflicht nach § 147 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AO.

Es besteht kein Anspruch der Finanzverwaltung auf Vorlage eines elektronischen Gesamtjournals, welches nach den Vorgaben der Finanzverwaltung Informationen zu jeder einzelnen empfangenen bzw. versandten E-Mail des Steuerpflichtigen enthalten soll. Die Aufforderung zur Vorlage eines Gesamtjournals, in dem auch nicht nach § 147 Abs. 1 AO aufbewahrungspflichtige E-Mails aufgelistet bzw. nach den Vorgaben der Finanzverwaltung dargestellt werden sollen, überschreitet die Befugnisse der Finanzverwaltung aus § 147 Abs. 6 AO und ist damit rechtswidrig. Eine allgemein formulierte Aufforderung zur Vorlage von elektronischen Unterlagen "en bloc" kann, unter Berücksichtigung des Erstqualifikationsrechts des Steuer-pflichtigen, sowohl dem Bestimmtheitsgebot genügen als auch vom Datenzugriffsrecht der Finanzverwaltung nach § 147 Abs. 6 AO gedeckt bzw. verhältnismäßig sein.

Finanzamt darf Kontoauszüge für Steuerprüfung auswerten

Die Abgabenordnung (AO) erlaubt die Auswertung personenbezogener Daten. D. h., das Finanzamt darf für sämtliche Maßnahmen im Steuerverfahrensrecht personenbezogene Daten verarbeiten. Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Erlaubnisnorm der Abgabenordnung DSGVO- und grundrechtskonform ist.

Im Streitfall hatte ein Steuerpflichtiger geklagt, der verhindern wollte, dass das Finanzamt seine Kontoauszüge (von seinem Geschäftskonto) für eine Außenprüfung verarbeitet. Auf die Anordnung, diese heraus-zugeben, hatte er zunächst nicht reagiert. Doch letztlich hatte das Finanzamt die Unterlagen von der Bank des Klägers erhalten. Der Steuerpflichtige war der Ansicht, dass das Finanzamt kein Recht hatte, seine persönlichen Daten weiter zu speichern oder auszuwerten.

Der Bundesfinanzhof sah dies anders. Die DSGVO beschränkt zwar die Verarbeitung personenbezogener Daten. Doch das Finanzamt darf basierend auf § 29b AO diese Daten für sämtliche das Steuerverfahrensrecht betreffende Maßnahmen verarbeiten. Den Begriff „sämtliche“ hob der Bundesfinanzhof im Text dabei gesondert hervor. Die Erlaubnisnorm aus dem Steuerrecht ist DSGVO- und grundrechtskonform.

DAC7-Umsetzungsgesetz „Modernisierung der Betriebsprüfung“

Das Ziel des DAC7-Umsetzungsgesetzes ist u. a. ist die Verkürzung der teilweise langen Zeiträume zwischen Prüfungsbeginn und dem Abschluss einer Außenprüfung, also die Beschleunigung und zeitnähere Durchführung von Betriebsprüfungen. Die beabsichtigte
Beschleunigung soll jedoch oftmals durch Verschärfungen für den Steuerpflichtigen erreicht werden.

So werden die Mitwirkungspflichten weiter verschärft. Aufzeichnungen sind dann (erstmals auf Steuern und Steuervergütungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2024 entstehen) jeweils innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Anforderung oder nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen.

Ein weiterer belastender Aspekt enthält die Verpflichtung, Prüfungsfeststellungen auch in anderen Steuererklärungen zu berücksichtigen und diese zu korrigieren, wenn es zu einer Änderung von Besteuerungsgrundlagen kommt. Im Ergebnis eine weitere Verlagerung von Aufgaben der Finanzverwaltung auf den Steuerpflichtigen.

Die Finanzbehörde soll künftig bereits mit der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung auch Buchführungsunterlagen anfordern können, die innerhalb einer angemessenen Frist, ggf. bereits vor Beginn der Außenprüfung, vorzulegen sind. Anhand der daraufhin eingereichten Unterlagen können dann insbesondere Prüfungsschwerpunkte für die Außenprüfung festgelegt werden. Wurden Unterlagen vorgelegt, sollen dem Steuerpflichtigen die beabsichtigten Prüfungsschwerpunkte der Außenprüfung mitgeteilt werden. Die Nennung von Prüfungsschwerpunkten stellt allerdings keine Einschränkung der Außenprüfung auf bestimmte Sachverhalte dar. Die Prüfungsanordnung soll bis zum Ablauf des Kalenderjahres erlassen werden, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem der Steuerbescheid wirksam geworden ist. Eine spätere Bekanntgabe soll den Fristbeginn für die Ablaufhemmung nicht verschieben.

Ein vollkommen neues Instrument wird mit dem qualifizierten Mitwirkungsverlagen eingeführt. Damit kann der Außenprüfer im eigenen Ermessen entscheiden, den Steuerpflichtigen nach Ablauf von sechs Monaten seit Bekanntgabe der Prüfungsanordnung schriftlich oder elektronisch zur Mitwirkung auffordern. Kommt der Steuerpflichtige. seinen Mitwirkungspflichten nicht oder nicht hinreichend nach, wird ein Bußgeld festgesetzt. Dieses Mitwirkungsverzögerungsgeld beträgt 75 Euro für jeden vollen Kalendertag der Mitwirkungsverzögerung und kann für maximal 150 Kalendertage erhoben werden (max. 11.250 Euro). Neben einer vorliegenden Mitwirkungsverzögerung kann außerdem bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen ein Zuschlag zum Mitwirkungsverzögerungsgeld festgesetzt werden. Der Zuschlag beträgt höchstens 25.000 Euro für jeden vollen Kalendertag der Mitwirkungsverzögerung und ist höchstens für 150 Kalendertage festzusetzen.

Im Rahmen des elektronischen Datenzugriffs wird ebenfalls nachgebessert. Künftig kann die Finanzverwaltung verlangen, dass die Daten nach ihren Vorgaben in einem maschinell auswertbaren Format an sie übertragen werden. Zudem wird festgelegt, dass eine Speicherung dieser Daten auch auf mobilen Datenverarbeitungssystemen, also etwa auf dem Laptop des Betriebsprüfers, zulässig ist.

Durch die Neuregelung der Ablaufhemmung erhofft man sich zudem die Beschleunigung von Außenprüfungen. Hierzu wurde eine neue zeitliche Grenze eingeführt. Die Ablaufhemmung endet spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde.

Anlaufhemmung bei der Erbschaftsteuer bei unklaren Verhältnissen

Um die Verjährungsfrist für die Erbschaftsteuer in Gang zu setzen, muss der Erbe mit einer solchen Zuverlässigkeit und Gewissheit Kenntnis von seinem unangefochtenen Erbschaftserwerb erlangt haben, dass er in der Lage ist und von ihm deshalb auch erwartet werden kann, seine Anzeigepflicht (§ 30 ErbStG) zu erfüllen. So entschied das Sächsische Finanzgericht.

Der Anlauf der Festsetzungsfrist wurde im Streitfall auch nicht aus anderen Gründen in Gang gesetzt. Die Anzeige des Erbfalls durch andere als den Erben, zum Beispiel eine Bank, lasse die Festsetzungsfrist nicht beginnen.

Bei völlig unklaren Verhältnissen könne im Einzelfall Kenntnis erst mit der Erteilung des Erbscheins vorliegen. Wenn ein Nachlasspfleger eingesetzt werde, stehe es im Ermessen des Finanzamts, den Erbschaftsteuerbescheid diesem gegenüber zu erlassen.

Verantwortlichkeit eines „nominellen“ Geschäftsführers für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der GmbH

Die Verantwortlichkeit eines Geschäftsführers für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der GmbH ergibt sich allein aus der nominellen Bestellung zum Geschäftsführer. Dies sei auch dann der Fall, wenn der Geschäftsführer nur als Strohmann fungiere, so das
Finanzgericht Münster.

Gemäß § 69 Satz 1 AO haften die in den §§ 34 und 35 AO bezeichneten Personen, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis in Folge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. Zu den potenziellen Haftungsschuldnern gehören u. a. die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen. Gesetzlicher Vertreter einer GmbH ist deren Geschäftsführer. Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 AO haben die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen deren steuerliche Pflichten zu erfüllen.

Die Klägerin war als (einzige) nominelle Geschäftsführerin und spätere Liquidatorin der GmbH deren gesetzliche Vertreterin, und zwar von der Gründung der Gesellschaft im Jahr 2007 bis in das Jahr 2017. Inwieweit die Klägerin diese Aufgabe tatsächlich erfüllt habe, sei tatbestandlich ebenso ohne Bedeutung wie der Umstand, dass ihr Ehemann tatsächlich die Geschäfte der GmbH geführt habe. Da es den Eheleuten gerade auf die Bestellung der Klägerin als Geschäftsführerin ankam, liege auch nicht etwa ein Scheingeschäft vor. Dass die Klägerin in der GmbH nicht tatsächlich die Geschäfte führte, sondern nur als Strohfrau fungierte, ändere an der objektiv vorliegenden Pflichtverletzung nichts.

Anpassung von Zinsfestsetzungen für Steuernachzahlungen und -erstattungen

Das Bundesverfassungsgericht hatte mit Beschluss vom 08.07.2021 die Verfassungswidrigkeit des bundesgesetzlichen Zinssatzes von jährlich 6 % für Steuernachzahlungen und -erstattungen festgestellt. Der Bundesgesetzgeber hat daraufhin eine verfassungsgemäße Neuregelung der Verzinsung, rückwirkend ab 01.01.2019, mit nunmehr 1,8 % pro Jahr beschlossen.

Im November 2022 werden nun die bayerischen Finanzämter aufgrund dieser Gesetzesänderung von Amts wegen rund zwei Millionen geänderte Zins-bescheide in allen offenen Fällen an die betroffenen Bürger übermitteln. Hierfür ist somit kein Antrag erforderlich.

Haben Steuerbürger bereits einen Bescheid mit einer Steuererstattung und einer Zinsfestsetzung unter Anwendung der ursprünglichen 6 % jährlichem Zins erhalten, besteht insoweit in der Regel ein Vertrauensschutz und es ist keine teilweise Rückzahlung des Zinses notwendig. Nur wenn der Zins bislang noch nicht festgesetzt wurde, erfolgt dies nun mit dem neuen Zinssatz von 1,8 %.

Hinzuschätzung nach Außenprüfung bei Einzelhandelsunternehmen

Das Niedersächsische Finanzgericht hat entschieden, dass bezüglich einer Hinzuschätzung keine Änderung erfolgt, wenn nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass Betriebseinnahmen nicht erklärt wurden.

Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Tatsachen im Sinne dieser Vorschrift sind alle Sachverhaltsbestandteile, die Merkmal oder Teilstück des gesetzlichen Steuertatbestandes sein können, also Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften materieller oder immaterieller Art. Tatsachen sind die Merkmale, die den steuerlichen Tatbestand ausfüllen, weil sie unter den Tatbestand subsumiert die steuerliche Folge ergeben. Auch Hilfstatsachen, die einen Schluss auf das Vorliegen einer Haupttatsache, die Element des gesetzlichen Tatbestandes ist, könnten die Änderungsbefugnis der Finanzbehörde eröffnen. Hilfstatsachen dürften allerdings nur dann herangezogen werden, wenn sie einen sicheren Schluss auf das Vorliegen der Haupttatsache zulassen; bloße Vermutungen oder Wahrscheinlichkeiten reichten hierfür nicht aus. Aus dem „soweit“-Satz folgt weiterhin, dass eine Änderung der Besteuerungsgrundlagen nur in dem Umfang zulässig ist, in dem die nachträglich bekannt gewordene Tatsache ursächlich für eine höhere Steuerfestsetzung ist. Die Feststellungslast für die tatsächlichen Voraussetzungen trägt die Finanzbehörde.

Die Finanzbehörde hat die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie sie nicht ermitteln oder berechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen. Dabei ist bei Unternehmern mit Gewinnerermittlung durch Einnahme-Überschuss-Rechnung zum einen die umsatzsteuerrechtliche Verpflichtung zur Aufzeichnung der Betriebseinnahmen zu beachten, da sie auch unmittelbar für das Einkommensteuergesetz wirkt. Zum anderen sind die Vorschriften über die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung zu beachten.

Zur Haftung für pauschalierte Lohnsteuer

Die Nichtabführung einzubehaltender und anzumeldender Lohnsteuer zu den gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten begründet regelmäßig eine zumindest grob fahrlässige Verletzung der Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH. Das gilt auch im Fall der nachträglichen Pauschalierung der Lohnsteuer. So entschied der Bundesfinanzhof.

Bei der pauschalierten Lohnsteuer handele es sich nicht um eine Unternehmenssteuer eigener Art, sondern um die durch die Tatbestandsverwirklichung des Arbeitnehmers entstandene und vom Arbeitgeber lediglich übernommene Lohnsteuer.

Der in Haftung genommene Geschäftsführer müsse substanziiert darlegen und ggf. nachweisen, welche Schritte er zur Zahlung der Steuer am Fälligkeitstag eingeleitet hatte und dass und aus welchen Gründen sich deren Weiterverfolgung wegen der Haltung des vorläufigen Insolvenzverwalters als sinnlos darstellte. In der Krise der Gesellschaft träfen den Geschäftsführer erhöhte Pflichten. Deshalb könne sich ein Geschäftsführer nicht allein mit der Behauptung entlasten, er habe angenommen, der vorläufige Insolvenzverwalter werde seine Zustimmung zur Abgabentilgung verweigern. Im Regelfall sei vom Geschäftsführer zumindest eine entsprechend dokumentierte Anfrage an den vorläufigen Insolvenzverwalter zu erwarten. Nur in seltenen Ausnahmefällen könne darauf verzichtet werden, wenn nämlich konkrete und eindeutige objektive Anhaltspunkte für die Sinnlosigkeit einer solchen Anfrage bestehen. Ein hypothetischer Kausalverlauf könne keine Berücksichtigung finden.

Zur Überprüfung einer Ermessensentscheidung über den Billigkeitserlass von Säumniszuschlägen

Ob eine natürliche oder juristische Person als pünktlicher oder nicht pünktlicher Steuerzahler zu betrachten ist, beurteilt sich nicht anhand einer einzelnen Steuerart, sondern ist in einer Gesamtschau zu prüfen, bei der alle für das Verhältnis zwischen dem Steuerzahler und der Finanz- bzw. Zollverwaltung relevanten Umstände heranzuziehen sind. So entschied das Finanzgericht Hamburg.

Säumniszuschläge, die gegenüber einem an sich pünktlichen Steuerzahler erhoben werden, würden ihren Zweck als Druckmittel, den Steuerschuldner zur rechtzeitigen Zahlung seiner steuerrechtlichen Verbindlichkeiten anzuhalten, verlieren, was bereits für sich genommen einen hälftigen Erlass der verwirkten Säumniszuschläge rechtfertige. Wenn die Säumnis des Steuerzahlers keinen oder nur einen geringfügigen Verwaltungsaufwand verursacht habe, sei auch der weitere, mit der Erhebung von Säumniszuschlägen verfolgte Zweck entfallen mit der Folge, dass als ermessensfehlerfreie Entscheidung allein ein vollständiger Erlass der Säumniszuschläge in Betracht komme.



Steuernummer für Existenzgründer - Elektronische Anmeldung beim Finanzamt erforderlich

Damit Existenzgründer eine Steuernummer erhalten, benötigt das Finanzamt innerhalb eines Monats nach der Unternehmensgründung den „Fragebogen zur steuerlichen Erfassung“. Dieser enthält u. a. die Angaben zu den persönlichen Verhältnissen, zum Unternehmen und zu den zu erwartenden Einkünften beziehungsweise Umsätzen. Bereits seit dem 01.01.2021 müssen einige Fragebögen elektronisch an das Finanzamt übermittelt werden. Neu kommt ab dem 01.01.2022 eine elektronische Übermittlungspflicht für den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung bei Gründung einer Körperschaft nach ausländischem Recht hinzu.

Folgende Fragebögen zur steuerlichen Erfassung stehen für Unternehmensgründungen im Dienstleistungsportal der Steuerverwaltung ,,Mein ELSTER‘‘ (unter www.elster.de) nach Registrierung zur Verfügung:

  • Aufnahme einer gewerblichen, selbstständigen (freiberuflichen) oder land- und

forstwirtschaftlichen Tätigkeit (Einzelunternehmen)

  • Gründung einer Personengesellschaft/-gemeinschaft

  • Gründung einer Kapitalgesellschaft bzw. Genossenschaft

  • Gründung einer Körperschaft nach ausländischem Recht

Künftig darf das Finanzamt in diesen Fällen den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung nur noch bei unbilligen Härten in Papierform akzeptieren.

Ausnahme: Für die Gründung eines Vereins ist der Fragebogen dagegen weiterhin auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck in Papierform abzugeben.

Kein Verspätungszuschlag bei überwiegendem Mitverschulden des Finanzamts

Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags ist bei überwiegendem Mitverschulden des Finanzamts nicht rechtmäßig. So entschied das Finanzgericht Düsseldorf.

Ein relevantes Mitverschulden des Finanzamts liege im entschiedenen Fall vor. Diesem habe es sich geradezu aufdrängen müssen, dass die Klägerin aufgrund eines Irrtums über die materielle Rechtslage ihre Erklärungspflichten verletzt und das Finanzamt seinerseits seine Fürsorgepflichten verletzt habe. Denn aus den von der Klägerin freimütig gemachten Angaben in den Feststellungserklärungen, ihren Erläuterungen hierzu und etwa den eingereichten Werbungskostenbelegen hätte jeder zuständige Bearbeiter unschwer darauf schließen können, dass die Abgabe von Umsatzsteuererklärungen lediglich versehentlich unterblieben war.

Zur Abgabe von Umsatzsteuererklärungen habe das Finanzamt jedoch entgegen den normierten Besteuerungsgrundsätzen und dem Grundsatz eines fairen Verfahrens die Klägerin nie aufgefordert. Demnach habe es das Finanzamt schuldhaft unterlassen, die Klägerin durch frühzeitigen Hinweis zur Erfüllung ihrer Erklärungspflichten zu veranlassen.

Einreichung einer Steuererklärung kurz vor Ablauf der Festsetzungsfrist - Verjährung kann drohen!

Für die Wahrung der Festsetzungsfrist ist derjenige Zeitpunkt maßgeblich, in dem der Steuerbescheid den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat. Auf den Zeitpunkt, in dem eine Steuererklärung bei der Finanzbehörde eingereicht wurde, kommt es nicht an. Das entschied der Bundesfinanzhof.

Die Abgabe einer gesetzlich vorgeschriebenen Steuer- oder Feststellungserklärung sei nicht als Antrag anzusehen. Eine Ablaufhemmung trete nicht ein, wenn der Erlass eines (begünstigenden) Steuerbescheids erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist abgelehnt und dieser Ablehnungsbescheid angefochten werde.

Bei einer Antragsveranlagung sei die Anlaufhemmung nicht anwendbar, sodass die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist, beginne. Nach den Grundsätzen von Treu und Glauben könne nicht erwartet werden, dass der Steuerbescheid noch innerhalb der Festsetzungsfrist den Bereich der Finanzbehörde verlasse, wenn die Steuererklärung erst einen Tag vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Finanzamt eingereicht werde.

Anordnung der Teilnahme eines Gemeindebediensteten an der Außenprüfung

Die Anordnung der Teilnahme eines Gemeindebediensteten an der Außenprüfung für gewerbesteuerliche Zwecke steht nach einem Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf der Schutz des Steuergeheimnisses entgegen, wenn das zu prüfende Unternehmen der Gemeinde oder deren Tochtergesellschaften gegenüber Leistungen aufgrund privatrechtlicher Vereinbarungen erbringt und die Prüfungsanordnung keine geeigneten Sicherungsmaßnahmen vorsieht, um die Offenbarung der für die wirtschaftliche Tätigkeit oder für andere außersteuerliche Interessen der Gemeinde bedeutsamen Erkenntnisse zu verhindern.

Zur Aufforderung zur Überlassung eines Datenträgers nach "GDPdU" zur Betriebsprüfung

Die Aufforderung der Finanzverwaltung an einen Steuerpflichtigen, der seinen Gewinn im Wege der Einnahmen-Überschussrechnung ermittle, zu Beginn einer Außenprüfung einen Datenträger "nach GDPdU" (Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen) zur Verfügung zu stellen, sei als unbegrenzter Zugriff auf alle elektronisch gespeicherten Unterlagen unabhängig von den gemäß der Abgabenordnung bestehenden Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten des Steuerpflichtigen zu verstehen und damit rechtswidrig. 

Eine solche Aufforderung sei nach Auffassung des Bundesfinanzhofs zudem unverhältnismäßig, wenn bei einem Berufsgeheimnisträger nicht sichergestellt sei, dass der Datenzugriff und die Auswertung der Daten nur in den Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen  
oder in den Diensträumen der Finanzverwaltung stattfänden. 

Schätzung eines Gastronomiebetriebs auf Grundlage der Richtsatzsammlung rechtmäßig

Im summarischen Verfahren ist die Schätzung eines Gastronomiebetriebs (hier: Restaurant mit portugiesisch-mediterraner Küche) auf der Grundlage der Richtsatzsammlung unter Berücksichtigung des Mittelwerts der Bandbreite der Rohgewinnaufschlagsätze (im Streitjahr 257 Prozent) nicht zu beanstanden, wenn sich der geprüfte Betrieb in guter Lage befindet, in den sozialen Medien positiv bewertet und als gut besucht dargestellt wird und keine substanziierten Gründe vorgetragen werden, die eine schlechte Ertragslage nahelegen. So entschied das Finanzgericht Hamburg. 

Die Finanzbehörde habe die Schätzung auf einen externen Betriebsvergleich nach Maßgabe der Werte der amtlichen Richtsatzsammlung gestützt. Die Anwendung der amtlichen Richtsatzsammlung sei eine anerkannte Schätzungsmethode und werde als solche letztlich auch nicht substanziiert von der Antragstellerin in Frage gestellt. Grundsätzlich sei die Schätzungsmethode zu wählen, welche die größte Gewähr dafür biete, mit zumutbarem Aufwand das wahrscheinlichste Ergebnis zu erzielen; ein Anspruch auf Anwendung einer bestimmten Schätzungsmethode bestehe nicht.  

Angesichts der gravierenden Mängel der Aufzeichnungen der Antragstellerin, etwa dass Bareinnahmen nicht erfasst wurden, weder ein Kassenbuch noch Z-Bons vorhanden waren, gewichtige Anzeichen für Schwarzeinkäufe aufgefunden wurden und die Privateinlagen die Privatentnahmen deutlich überstiegen, bestünden keine Bedenken dagegen, eine Schätzung auf der Grundlage des externen Betriebsvergleichs anhand der Werte der Richtsatzsammlung vorzunehmen. Unter diesen Umständen würden sich insbesondere keine anderen Schätzungsmethoden aufdrängen. 

Wohnungsvermietung: Energielieferungen sind steuerpflichtige Hauptleistungen

Vor dem Finanzgericht Münster klagte die Vermieterin eines Grundstücks, auf dem sich u. a. ein Haupthaus mit zwei Wohnungen befand. Sie installierte 2016 eine neue Heizungsanlage für die Wohnungen im Haupthaus. Die Klägerin gab Umsatzsteuervoranmeldungen ab und verzichtete auf die Kleinunternehmerregelung. Sie gab steuerpflichtige Umsätze aus den Energielieferungen an die Mieter an und Vorsteuern aus der Rechnung über die Installation der Heizungsanlage sowie den Gaslieferungen. Es errechnete sich ein Erstattungsbetrag. Das Finanzamt war jedoch der Ansicht, es handele sich bei den Energielieferungen um unselbstständige Nebenleistungen zu der steuerfreien Wohnungsvermietung und setzte die Umsatzsteuervoranmeldungen auf 0 Euro fest.  

Die Klage hiergegen hatte vor dem Finanzgericht Münster Erfolg. Es entschied, dass die durch den Vermieter an den Mieter erbrachte Energielieferungen nicht als Nebenleistungen zur steuerfreien Wohnungsvermietung, sondern als steuerpflichtige Hauptleistungen anzusehen sind. 

Betriebsprüfung: Kein Anspruch auf Durchführung einer Schlussbesprechung mit persönlicher Anwesenheit der Teilnehmer

Die Antragstellerin wünschte zum Abschluss einer bei ihr durchgeführten Betriebsprüfung eine Schlussbesprechung. Aufgrund der Corona-Pandemie schlug das Finanzamt eine telefonische Schlussbesprechung vor, was die Antragstellerin indes ablehnte. Das Finanzamt ging aus diesem Grund in seinem endgültigen Betriebsprüfungsbericht davon aus, dass an einer Schlussbesprechung kein Interesse bestehe. Daraufhin wollte die Antragstellerin im Wege einer einstweiligen Anordnung die Durchführung einer Schlussbesprechung unter persönlicher Anwesenheit der Beteiligten erreichen. Sie war der Ansicht, dass vor der von ihr begehrten Schlussbesprechung keine Änderungsbescheide aufgrund der Betriebsprüfung ergehen dürften. 

Das Finanzgericht Düsseldorf hat den Antrag abgelehnt. Es gebe keinen Anspruch für eine solche Anordnung. Eine Schlussbesprechung müsse nicht unter persönlicher Anwesenheit erfolgen, insbesondere da ein Ende der Corona-Epidemie nicht absehbar sei. Die Abgabenordnung mache keine Vorgaben zu dem Ort sowie der Art und Weise der Durchführung einer Schlussbesprechung. Die Prüfungsfeststellungen könnten auch in einem telefonischen Gespräch erörtert werden. Das entsprechende Angebot des Finanzamts zu einer telefonischen Besprechung habe die Antragstellerin mehrfach abgelehnt. Es sei daher von einem Verzicht auf die Durchführung einer Schlussbesprechung auszugehen.